Geschichte und Konzept
Die ersten Überlegungen zu einem Treffen von Gospelchören aus Berlin und Brandenburg entstanden im Herbst 1996 im Anschluss an einen Gospel-Workshop der Evangelischen Kirche. Spontan begeisterten sich einige Chorleiter für diese Idee. Am 6. und 7. September 1997 fand dann das 1. Gospelchortreffen in Eberswalde und im Kloster Chorin statt.
Die Resonanz auf die Einladung durch Hanns-Peter Giering war überraschend groß: Zehn Chöre mit insgesamt ca. 250 Sängerinnen und Sängern nahmen an diesem Treffen teil. Höhepunkt war das Abschlusskonzert am Nachmittag des 7. September 1997 in der Klosterruine vor mehreren hundert begeisterten Zuhörern. Die ersten Mass Choir Leiter waren Till Sauer, Sabine Fahlberg, Hanna Hüttner und Ulrike Urner.
Allen Beteiligten war klar, dass dieses Treffen unbedingt eine Fortsetzung finden müsse, wenn nicht sogar eine regelmäßige Einrichtung werden sollte. So ist es dann auch gekommen: 1998 trafen sich die Gospelchöre in Berlin-Steglitz, 1999 wieder in Chorin/Eberswalde. Ein weiterer Höhepunkt war das Treffen 2000 in Berlin, weil der Rahmen des Landeschortags der Ev. Kirche Auftritte in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche und bei strahlendem Sonnenschein ein Open Air Konzert vor tausenden Zuhörern mit der Freitreppe des Berliner Doms als „Chorpodest“ ermöglichte. Mass Choir Leiterin Adrienne Morgan Hammond war dabei die besondere Attraktion.
Im Jahr 2001 stand das 5. Gospelchortreffen Berlin-Brandenburg noch ganz unter dem Schock des 11.September. Diesmal war das Festival zu Gast im ehemaligen Zisterzienserkloster Lehnin, 60 Kilometer südwestlich von Berlin. Erstmalig waren die bekannte Soulsängerin Angi Domdey und der renommierte Chorleiter, Komponist und Arrangeur Stephan Zebe sowie Christoph Zschunke dabei.
Die Klosterkirche bot den passenden Rahmen für ein A Cappella Festival, bei dem die Chöre die Highlights ihres Repertoires präsentierten. Zum Schluss bildeten wieder alle Sängerinnen und Sänger einen großen gemeinsamen Chor und gaben zusammen mit einer professionellen Band vor der Kulisse der Klosterkirche ein Open Air Abschlusskonzert.
2002 ging es wieder nach Eberswalde/Chorin. Auf der Open Air Bühne der Landesgartenschau wurde ein Abend mit Chor-Einzelauftritten gestaltet, am Sonntag dann wieder der Mass Choir in der Klosterruine Chorin. Unvergessen die Proben in der Turnhalle bei tropischen Temperaturen. 2003 gab es wegen des Ökumenischen Kirchentags nur ein kleineres zweitägiges Treffen in Berlin-Lankwitz, und 2004 war erneut Kloster Lehnin der Schauplatz des Treffens. Mit Verena Kempkes und Alexander Riede brachten zwei neue Mass Choir Leiter ihre Begeisterung für Black und Modern Gospel ein.
2005 lud der Kirchenkreis Stadtmitte durch Vermittlung von Christoph Zschunke in die Villa Elisabeth und die St. Georgen-Parochial-Kirche ein. Das bewährte Team mit Unterstützung der Band ZOOM schuf eine einmalig dichte Atmosphäre bei Proben und Auftritten. Der Schwerpunkt lag diesmal ganz auf dem Mass Choir und seiner Performance, auch mit dem Seitenblick auf den anstehenden Gast-Auftritt beim Gospel Award im ICC nur fünf Tage später.
Vieles hat sich im Laufe der Jahre gewandelt, aber vieles ist auch unverändert geblieben. Jedes Jahr kommen neue Chöre und Einzelteilnehmer dazu, andere bleiben weg. Es gibt aber einen großen Kreis von treuen Fans, für die das Gospelchortreffen das Gospel-Ereignis des Jahres im Sinne eines großen Familientreffens darstellt und die alles dafür tun, kein Treffen zu verpassen. So kommen jedes Mal zwischen 200 bis 350 Gospelbegeisterte zusammen, die gemeinsam an Workshops teilnehmen, Gottesdienste gestalten und vor allem den großen Gesamtchor bilden, der noch jedesmal zum Abschluss ein öffentliches Gospelkonzert gegeben hat.
Waren in den ersten Jahren weniger Chöre, diese aber meist komplett erschienen, so wurden es später immer mehr „Delegationen“ aus vielen, zuletzt über 20 Chören. Nun sind komplette Chöre eher selten, dafür kommen mehr Einzelteilnehmer. War die Begleit-Band zu Anfang zusammengesetzt aus Musikern aus den eigenen (Amateur-) Reihen, so kamen ab 2001 vermehrt Profis zum Einsatz. Das verbesserte natürlich das musikalische Ergebnis, war aber nicht in jeder Hinsicht befriedigend.
Mit der eingespielten Gospel-Band ZOOM und dem Pianisten Stefan Rolauffs wurde hier ab 2004 die optimale Lösung gefunden. Auch das Repertoire wechselte mit den jeweiligen Mass Choir Leitern. Im Vorbereitungskreis sind wir bemüht, den unterschiedlichen Bedürfnissen und Möglichkeiten der teilnehmenden Chöre Rechnung zu tragen und die christlichen Bezug und die spirituelle Dimension des Gospel zu bewahren.
Auch die bescheidene Veranstaltungstechnik der ersten Jahre wurde durch die professionelle Unterstützung des Medienpools der Ev. Jugend bzw. einzelner Firmen entscheidend verbessert. Dennoch wollen alle, die sich hier engagieren, den Grundideen des Treffens treu bleiben, wie sie 1998 in den „Essentials“ des Gospelchortreffens formuliert wurden:
Essentials
Das Gospelchortreffen ist ein Non-Profit-Projekt. Niemand macht dabei ökonomischen Gewinn.
- Offenheit: Auch wenn die meisten Chöre aus Gemeinden der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg kommen, gibt es keine religiöse, geografische oder musikalische Ausgrenzung.
- weitgehend ehrenamtliche Organisation, die transparent und locker ist: keine Bürokratie
- keine Konkurrenz, kein Chor-Wettbewerb o.ä., keine Preise, keine Honorare für Chöre.
- keine Eintrittspreise für Zuhörer.
- Schwerpunkt gemeinsames Singen im Gesamtchor, begrenzte Einzeldarbietungen.
- Honorare nur für Workshopleiter und Technik(er), die davon leben müssen.
- Finanzierung durch (geringe) Teilnehmerbeiträge und Zuschüsse der Ev. Kirche (EKBO).
Die Begeisterung aller Beteiligten für die Gospelmusik ist Ausgangspunkt und Ziel. Wer es einmal erlebt hat, als aktive Sängerin oder Sänger, aber auch als Zuhörer, wie die Gospelmusik mitreißen, einen tiefen Glauben und gleichzeitig große Lebensfreude ausdrücken kann, der möchte dieses Lebensgefühl musikalisch weitergeben. Neue Songs kennenzulernen, diese Musik in einem großen Chor mit einer Band zu erleben, ist für viele ein Motiv, immer wieder teilzunehmen. Nicht zuletzt leistet das Gospelchortreffen ein konkreten Beitrag zur Verständigung zwischen Berlinern und Brandenburgern und zwischen Ost und West.
(Ehem. Beauftragter für Popularmusik der Ev. Kirche Berlin-Brandenburg und Initiator des Gospelchortreffens)